Welche Rolle spielen (CIS-) Männer in einer feministischen Revolution?

Ein Text von: Natalie Scholder
Gelesen von: Petra Beck

What role do cisgender males play in a feminist revolution?

Written by: Natalie Scholder
Read by: Ralph Williams

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In dieser Fotografie von Lilian Mauthofer sind drei Männer zu sehen, die Teil der Thawra im Libanon zu sein scheinen. Sie tragen Gesichtsmasken, zwei von ihnen sind oberkörperfrei. Die Masken sind angelehnt an jene aus der Serie “Haus des Geldes”, die an das Gesicht von Salvador Dalí erinnern sollen. Sie lassen die Männer zu einer anonymen protestierenden Gruppe der Revolution werden.

Für die Frauen* im Libanon, die den Großteil der Thawra ausmachen, gestaltet sich das Protestieren deutlich schwieriger als für die Männer. Sie sind rechtlich nicht gleichgestellt und werden von Ungleichbehandlung und struktureller Diskriminierung verfolgt. So gab es bis 2017 ein Gesetz, dass Vergewaltiger freisprach, wenn diese ihre Opfer heirateten. Nur langsam verbessert sich die Lage. Im Jahr 2018 gründeten sich Frauenrechtsorganisationen unter dem Slogan “Shame on Who?”, um eine Öffentlichkeit für sexuelle Übergriffe zu generieren.

Zudem werden Frauen* Opfer von intersektionaler Diskriminierung, wenn sie nicht nur als Frau* sondern zusätzlich auf Grund ihrer Glaubensrichtung weniger Rechte haben. So dürfen die Frauen* im Libanon zum Beispiel nicht alle Berufe ausüben und müssen vor allem Care Arbeit leisten. Sie leben daher hauptsächlich isoliert in ihrem Familienkreis, während die Männer in der Öffentlichkeit Netzwerke bilden.

In der libanesischen Revolution bilden die Frauen* nun eine starke Gruppe, die für ihre gemeinsamen Rechte und Ziele eintreten. Auch wenn die Forderungen der Revolution alle Menschen betreffen, sind es doch die Frauen*, die am stärksten unter den Problemen leiden. Daher ist auch Revolution ist für sie eine Belastung auf mehreren Ebenen: Sie leisten Widerstand, gehen auf die Straße, betreuen Kinder, kümmern sich um den Haushalt und pflegen ältere Familienmitglieder.

Für Frauen* besteht eine wesentlich größere Hürde sich gegen die patriarchale Gesellschaft aufzulehnen. Protest bedeutet für sie, sich physisch den Männern entgegenstellen müssen und somit einer potenziellen Gewalt ausgesetzt zu sein. Obwohl sie sich aktiv für eine friedliche Revolution einsetzen, müssen sie paradoxerweise zusätzlich häufig auf der Straße Konflikte zwischen den
protestierenden Männern und dem Militär schlichten.

Die Präsenz und Vereinigung der Frauen* sind essenziell im Kampf der Revolution. Aber auch die Auflehnung der CIS Männer gegen die patriarchale Regierung ist bedeutend. Sie spielen ebenfalls eine grundlegende Rolle in der Thawra. Es wird deutlich, dass niemand in dieser Gesellschaft privilegiert ist, auch CIS -änner leiden unter vielen Zwängen der Gesellschaft, wie auch unter der korrupten Regierung.

Die Menschen im Libanon vereint die Wut gegen die bestehenden Machtverhältnisse. Gerade in der gemeinsamen Wut und der Einheit der Menschen, unabhängig von
Geschlecht, Alter und Glaubensrichtung, liegt die Stärke der Thawra.

This photograph by Lilian Mauthofer shows three men who are part of the Thawra in Lebanon. They are wearing face masks, two of them are shirtless. The masks are based on those from the series „Money Heist“, which are meant as a reference to Salvador Dalí’s face. They allow the photographed men to become an anonymous group of protesters. 

For women* in Lebanon who make up the majority of the Thawra, protesting is much more difficult than for men. Women do not enjoy legal equality and are subject to structural discrimination. Until 2017, for example, there was a law that acquitted rapists if they married their victims. The situation is only slowly improving. In 2018, women’s rights organisations were founded using the slogan „Shame on Who?“ to create public awareness for sexual assaults.

Women* who are additionally part of religious minorities are often intersectionally discriminated against. Furthermore, women* in Lebanon are excluded from many professions by law and often must do care work. Many, therefore, live isolated in their family circle, whereas men form social networks in public.

In the Lebanese revolution, women* have started to become a strong group standing up for their common rights and goals. Even though the demands of the revolution affect all people, women* suffer most from the problems which are addressed by the revolution. Yet, the revolution also poses an additional burden to many: They practice civil resistance, go protesting in the streets, look after children, take care of the household and look after elderly family members.

For women*, rebelling against the patriarchal society means having to physically confront with men and thus being exposed to potential violence. Paradoxically, although they are actively engaged in a peaceful revolution, they also often have to mediate conflicts on the streets between male protesters and the military.

The presence and association of women* is essential in the struggle of the revolution. But the revolt of the cis men against the patriarchal government is also significant. They play a fundamental role in the Thawra as well. For the protesters, it has become clear that none of them are privileged in this society as cis men also suffer from many social constraints and from the corrupt government. 

The people of Lebanon are united in their anger against the existing balance of power. The strength of the Thawra lies especially in the common rage and the unity of the people, regardless of gender, age and religion.